Licht

Das Licht, das von oben auf die Blätter fällt,
lässt ihre Grenzen leuchten,
Schatten werfen sie auf die anderen Blätter.
Licht und Schatten,
erleuchtet, erhellt,
ob es uns gefällt
oder Nein,
alles darf sein.
Blätter unzählige in Grün,
hell leuchtend
dunkel schattig,
wo wir den Blick abwenden wollen,
aber alles darf sein,
was in GOTT ist.
Das Licht fällt in alle Winkel,
selbst wenn die Finsternis es
nicht begreifen will,
es scheint für die, die im Finstern sitzen,
und mit dir ist auch die Finsternis nicht finster, die Nacht leuchtet wie der Tag.
Oben der blaue Himmel
über dem Blätterdach,
dein Blau vermisse ich immer, dein einzigartiges,
die Quelle von oben, unser aller Quelle.
Das Licht, das durch die Blätter fällt,
die Grenzen erhellt,
die Winkel erleuchtet,
wie es uns gefällt.
Das Licht von oben,
das dich und mich
erhellt, erhält.

Spielraum in den Atomen

früher Morgen am Silberteich

Früher Morgen des letzten Tages

Heute Morgen bin ich ganz 
Zugewandtheit
die Wasser des Silberteichs liegen im Schlaf
ich bin der Nebel, 
den sie ausatmen
das Trällern, Tschirpen, Kollern
der Vögel in den Bäumen
schallt durch meine Atome
dort ist heute viel
Spielraum

hohes Gras in rosarot im Nebellicht
kitzelt mein Herz
sodass ich singen muss
der Wasserbüffel stimmt mit ein
ich höre ihn noch 
als ich weiterspringe in
meinen von Tau
durchnässten Joggingschuhen

ich sauge den duftenden Ausatem der Bäume
in meine Brust
über die Weiden wogendes Weiß 
das zum Himmel steigt
ein Reh plötzlich in Bögen davon
die Hörner des jungen Hochlandrindes sind wärmer als meine Hand

Autobahndröhnen,
getriebene Bewegung, 
drängt sich mit Gewalt auf,
meine Seele krümmt sich, 
versucht es mit Gänsehaut

„Ich muss noch Packen“ –
aus

Gefallener Baum

Bäume wie Walskelette:
Wie lange haben Ströme dich umtost?
An deinen Ästen, Zweigen, Blättern gezerrt und du warst
ganz hingegeben?
Was hat dich aus deinem Grund
gerissen bis dein Halt zerbarst und krachte?
Was war falsch, das letzte Mal?
War deine Zeit um oder dein Fundament aufgeweicht? Deine Wurzeln gleichgültig und schwach geworden?
An den jungen Bäumen sprießen
die Zweige auch hinunter bis an den unteren Stamm,
keine Kopfzentrierung hier,
Frisches und Neues bis an die Wurzeln.
Wärest du standfester gewesen,
wenn du dir nicht so einen großen Kopf gemacht hättest? Dich nicht so breit ausgelegt, sondern dich zierlich
eingefügt zwischen den anderen?

Was wäre mit mir?
Würde ich in einem Sturm fallen?
Zermürbt oder standfest,
wie hoch kann ich mich gen Himmel strecken?
Was hält mich,
wie bin ich beschaffen?
Wann ist meine Zeit des
Wachsens um?
Werde ich den Zeitpunkt spüren?
Mich dem Wind hingeben?
Wie verlängert Hingabe
mein Leben?

Tote Bäume im Volksdorfer Wald

Im Wald

Zig Stämme nebeneinander
dazwischen wogendes, tanzendes Hellgrün
wie Federn.
Manches Waldwesen huscht nun verborgen
durchs Unterholz,
auch die Sonntagsspaziergänger,
die auf dem Parallelweg sich bewegen
von Hundeleinen gezogen und
im Schlepptau
bunter Kinderwagen.
Dem Auge schmeichelnd ist
all dies
im frischen Grün verborgen.

Volksdorfer Wald im April

Ich könnte annehmen, 
ich wäre allein
zwischen den Wellen der Vogelstimmen
und dem Rauschen des Windes.

Alles egal, belanglos, was ich schreibe?
Ja, ich will mich selbst verbergen
in der Wahrnehmung des Außen,
würde mich am liebsten kleiden in
Grün mit Zweigen
und Vogelfedern,
einem Nest in der ausgestreckten Hand,
mich ganz assimilieren, 
und mich verlieren.

Ich bin mir und anderen fremd, 
daher, wozu was anderes probieren,
ich wünschte, ich könnte verschmelzen,
ganz aufgehen in den Spezies des Waldes.

Die Sprache ist mir nie eine Brücke gewesen,
nur Scheinwahrheiten 
und Unzulänglichkeiten,
nur Vogelstimmen sprechen zu mir, 
Baumwurzeln geben mir Halt, 
die Maserung der Stämme,
grüne Blätter und braunes Laub 
sind meine Zeitmesser.

Wenn ich eines Tages gehen muss,
möchte ich hier vergehen,
mich zerstäuben im Wind, 
in demselben, der
Blätter an Zweigen zittern
und trockenes Laub wendet und winken lässt.

Mit leeren Händen

Jetzt steh ich da 
mit leeren Händen
so soll es wohl sein
alle vorherigen Tage
viele Wochen
war dieses Kribbeln der Freude 
in Bauch und Brust
das Getragensein
der Zauber des Alleswirdgut
aber jetzt ist es erloschen
mir wurde die Freundschaft
wieder entzogen

ich dachte, einen Freund gefunden
zu haben
aber immer, wenn ich denke, 
etwas zu haben, ist es schon fort
besonders Menschen
das liegt wohl an mir
ich werde nie verstanden
oder missverstanden
oder bin zu euphorisch

in jedem Fall nicht richtig
Zuwendung wandelt sich
immer in scheele Blicke
die ich nicht begreife
dann steh ich da mit leeren Händen
früher oder später
je länger es dauert
desto schmerzvoller
die Verwirrung
und die Einsamkeit
der Boden der Wirklichkeit
das leere All
nur ich allein
wozu das alles
mit leeren Händen

Habt ihr zu essen, meine Kinder?
Nein. 
Dann fischt auf der rechten Seite.
Ich will wieder aufspringen und tanzen
voller Freude und Mut
den Herrn
preisen, 
wo sind die Jünger?

Kardienstag nach der Frühmesse

eine Tannenmeise
schnarrt und schnarrt,
während sie an den Zweigen turnt und
sich herum schwingt

über Kopf hängt,
dann wieder obenauf,
schnarrt sie weiter,
als schimpfe sie,
zwischendurch
Picken an den Zweigen,
Hopsen auf einen Ast.

Das Schnarren geht in fragendes Piepsen über,
sie rupft und zupft an dem Ast herum,
etwas fällt, Piepsen,
schon segelt sie in einem Bogen 
zum nächsten Baum.

Dort beginnt sie klangvoll zu zwitschern,
wenn auch immernoch
fragend,
aber von einem ferneren Baum
ertönt Antwort.

Nütschau:

neue Bank gegenüber der Apfelwiese:

Vogelschall zigstimmig aus dem Wald
wogt über die Apfelwiese,
weiße Wollschaftupfen
zwischen den Obstbäumen,
die Vögel singen auch
lautstark über dem Friedhof der Mönche,
dunkelgraue Wolken ziehen schon wieder auf
und decken den blanken blauen Himmel zu.
Ich muss mich eilen
und würde so gerne verweilen,
den Augenblick in den Fußsohlen spüren
und dem Gezwitscher lauschen.

Nach dem Gang durchs Moor,
Finger zu steif gefroren zum Schreiben:

Amseln rufen am Abend,
sie rufen und rufen.
Sie rufen die Nacht herbei.
Amseln rufen am Abend.

Am Anfang geschrieben
am Ende geschrieben
zwischendrin wurde mein Kopf
ganz still vor Staunen.

Nur Singvögeln gelauscht,
Augenblicke bestaunt,
Gänse, Schwäne geschaut,
von der Abendsonne angeleuchtetes Schilf bestaunt,
Hagelgeräusch gelauscht.
Wasser beim Fließen geschaut,
Enten beim Auffliegen geschaut,
ihrem Schnattern gelauscht, 
meinen Schritten auf den Holzplanken gelauscht
und  nachgespürt,
dem Rauschen des Windes gelauscht,
dem Farbwechsel des Himmels, die Wolken geschaut,
Bäume beim Wiegen geschaut. 
Augenblicke gesammelt. 

Am Anfang geschrieben, am Ende geschrieben,
zwischendrin wurde mein Kopf ganz still vor Staunen,
und mein Herz so 
schwerelos, dass ich mich mit den Gänsen hätte 
aufschwingen können. 

Dopplereffekt in der Innenstadt

Der Dopplereffekt:
das ist die Frequenz einer Schallwelle, die
sich auf den Hörenden zu
und wieder weg bewegt.
Unablässig.
Ein Meer der Kakophonie,
stetig brüllende Löwen und Bullen,
zischende Drachen,
heulende Wölfe
auf vier oder vielen Reifen,
an der Kreuzung, den Bushaltestellen, den Ampeln,
vierspurig und sechsspurig sind ihre Bahnen,
über die sie brüllend, heulend, zischend
sich bewegen.

Wenn sie stoppen, schnauben oder kreischen sie.
Wenn sie anfahren, stöhnen sie besonders laut  
wegen
der Anstrengung in Bewegung zu kommen.
Ihre Bewegung ist mein Schmerz.
Sie fressen meine Nerven
zum Frühstück, zur Abend- und Nachtspeise.
Ich will nicht mehr die Hörende sein, will ihre Wellen nicht,
will meine Ohren abschneiden,
kann van Gogh verstehen.

Ich bin ein Wal hilflos ausgeliefert, seine riesige Nase und Knochen
fangen alle Schallwellen auf. Er kann abtauchen in die
Stille der tiefen Wasser
in der Hoffnung auf Ruhe.
Ich kann nicht entkommen,
unser Haus aus wenig Stein,
eher Stroh und Holz mit zermahlendem Sand
in durchsichtige Fasson gegossen hat dem  
Dröhnen, Zischen, Brüllen und Heulen nichts entgegenzusetzen.

Der Dopplereffekt wird mich finden und
die Bestien mich weiter auffressen. 

die Kälte geht

31.3.22

Heute Morgen jubelnd als die Flocken wirbelten –
heute Abend keine Spur mehr
von Schnee.

Grau, trüb, matte Gehwegplatten
zwischen den Hafencity-Neubauklippen 
braust mir der Wind entgegen – 
lässt mich wanken.

Reste von Schnee 
auf Stühlen der Außengastronomie
wie zerknüllte Taschentücher,
der Himmel grau bedeckt,
I wish there was more Astronomie,
mein Leitstern unsichtbar.

Aber dann Kontemplationsgruppe:  
die Räume der Stille entlang geschritten,
den Flug der Gedanken 
in Bildern der Vergangenheit,
in Bildern der Zukunft 
beobachtet 
wie ziehende Wolken,

die Wurzeln im Augenblick geschlagen,
Halleluja. 

Volksdorfer Wald

Volksdorfer Wald nach den Frühlingsstürmen 2022

25.3.22

Hier auf dem umgestürzten Baum:
Ein Zitronenfalter oder mehrere
flattern um uns herum.
Tote Bäume liegen übereinander und nebeneinander
wie Knochen auf einem Walfriedhof.

Vögel zwitschern, ein Specht klopft,
eine Kreissäge,
der Waldboden voll trockenen
Laubes, auf das die Sonne scheint. Es ist noch zu früh im Jahr
für ein Laubdach –
nach oben schauend nur schwarze Verästelungen vor blauem Himmel wie Neuronen oder Blutgefäße.

Bäume, die in den Himmel wachsen, das wurde auch schon oft so formuliert. Die Kreissäge wie eine nervige viel zu laute Wespe.
Amseln.

Die Blätter der Bäume liegen
alle, bedecken den Boden in
Schattierungen von hellbraun, beige,
die Sonne fällt auf ihre Oberfläche und sie glänzen hell auf, 

ihre Adern sind hervorgetreten wie an der Hand eines alten Menschen -verdorrt sind sie alle, brüchig, zerbröselt,
der Wind bewegt sie noch
leichter als früher, 
als sie noch an den Zweigen hingen, jetzt sind sie nur
noch die Schale früheren Lebens.

Aber die erste Hummel, der erste Zitronenfalter gaukelt schon herum, in Erwartung, dass die prallen
Knospen an den Bäumen das erste Grün erbrechen. 

Spechte wie Ruf und Antwort, Schreiben
im Wald, Hundegebell, das Knarzen eines Rehs, Vögel
im warmen Frühlingsmittag.